Experimente mit Ferrofluid

Ich bin es gewohnt, dass jedes meiner Projekte irgendwie seine gewünschte Funktion erfüllt (irgendwann). Zum einen liegt es wohl daran, dass ich nicht einfach darauf los bastle, sondern schon etwas länger ein Konzept ausarbeite, aber auch viel simuliere, bevor ich die ersten Bauteile bestelle. Da ich auch beruflich als Elektronikentwickler arbeite, ist das natürlich das übliche Vorgehen im Ingenieurbüro.

Dabei ist gegen das reine Basteln natürlich auch nichts einzuwenden. Also einfach darauf los bauen und wenn etwas nicht geht, einen Workaround finden, damit es funktioniert. Basteln ist also die kreativere Arbeit bei der man noch viel lernen kann und wenn in beispielsweise 5 % der Fälle ein besserer Workaround entsteht, als es ein gutes vorgedachtes Konzept abdeckt, ist es um so erstaunlicher. Für Private ist also eine gesunde Mischung aus „darauf los basteln“ und kleine Konzepte entwickeln am besten geeignet. Beruflich kann man sich es nicht leisten eine Entwicklung in die falsche Richtung zu lenken. Hier sind 30 % der Zeit für eine Definitions- und Konzeptphase Pflicht. Wer mehr über meinen Arbeitsalltag wissen möchte, kann ja einen Kommentar da lassen- evtl. kann ich dann in diese Richtung was bloggen.

Zum Thema! Dieses Projekt ist nicht so perfekt verlaufen, wie ich es mir vorgenommen habe.

Ferrofluid ist eine Flüssigkeit die größtenteils aus Öl und Nano-Ferromagnetischen-Partikeln besteht. Ob Nano hier nur ein Werbeargument ist und es einfach nur feiner Eisenstaub ist, kann ich nicht beurteilen. Es gibt aber definitiv sehr unterschiedliche Flüssigkeiten mit verschiedenen Eigenschaften. Angeregt durch ein paar schöne Ferrofluid-Videos musste ich das auch haben!

Beispiele:

Mein Gedanke dazu: „Kann ja nicht so schwer sein mit einer Spule/Spulenmatrix ein Magnetfeld zu erzeugen.“

Ferrorfluid kostet aber leider ein kleines Vermögen und wie viel braucht man davon überhaupt? Der kleine „Shot“ (20 ml) kostet schon 18 €. Reicht das denn für mein Vorhaben?

Mein Vorhaben war es ein aus Stahl gelasertes Herz mit zwei innenliegenden Buchstaben von Ferrofluid interaktiv umfließen zu lassen. Es sollte ein Hochzeitsgeschenk für meine Schwester und ihren Freund werden.

Da Ferrofluid so aggressive Flecken wie Rost hinterlässt und auch von der Haut nicht so leicht abwaschbar ist, habe ich ein kleines Aquarium bei Ebay-Kleinanzeigen erstanden. Es stellte sich aber schnell heraus, dass für die erste Version ein deutlich kleinere transportablere Variante gebaut werden muss. Nun habe ich im Supermarkt ein rechteckiges Glas gesucht, dass damit bessere optische Eigenschaften besitzt als ein rundes. Es war gar nicht so leicht ein solches Glas zu finden. Zum Schluss gab es eins mit Himbeermarmelade. Lecker!

Das Beseitigen der Etiketten vom Glas war allerdings sehr aufwändig, weil ich vorher nicht gegoogelt hatte. Ich kannte zwei Möglichkeiten: Mit einem Föhn den Aufkleber erwärmen und dann in einem Stück abziehen. Das ging leider nicht. Nun habe ich mit Lösungsmittel wie Aceton gekämpft. Es wollte einfach nicht sauber abgehen. Bis ich mich informiert habe und es je nach Klebstoffart noch eine weitere Möglichkeit gab. Öl! Ich wollte es zwar nicht so recht glauben, aber als ich den Aufkleber mit Sonnenblumenöl und etwas Druck abreiben konnte, war ich baff.

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Mit Speiseöl konnte ich den Aufkleber vom Glas sauber entfernen.

In Vorbereitung auf die doch größere Investitionssumme habe ich mir das kostenlose Programm FEMM 4.2 besorgt und meine ersten Experimente damit unternommen. Das Programm lässt sich nicht sehr intuitive bedienen und kann leider nur zweidimensionale Finite-Elemente-Probleme simulieren. Mit zwei YouTube-Videos zur Bedienung habe ich dann den Einstieg doch recht schnell hinbekommen.

Mit Tinkercad, ein online 3D-Tool mit eingeschränkten Funktionsumfang, konnte ich eine Laserschablone im *.dxf Format erstellen und diese auch direkt als Vorlage ins FEMM importieren. Die Simulation zeigte, dass das Ferrofluid Stacheln am Herzrand erzeugen sollte. Das Simulationsergebnis der Magnetfeldlinien habe ich direkt in das Design der „Plattform“ mit einfließen lassen:

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Der Elektromagnet unter dem Metallherz ist eine Weichenspule von Reichelt, die möglichst viele Windungen, also Induktivität, haben sollte. Ein starker Draht sorgt für eine geringe Verlustleistung. Bei welchem Strom die Spule in die Sättigung geht, weiß ich leider nicht. Darüber gibt es keine Angaben durch den Hersteller.

Der Eisenkern der Spule bündelt das Magnetfeld und „schickt“ es direkt in das darüber stehende Metall, sagt die Simulation. Meine zweite Option war es, den Eisenkern der gekauften Spule herauszuschlagen. Das habe ich jedoch bis heute nicht probiert.

Es soll ja interaktiv werden. Also brauchte ich einen einstellbaren Elektromagneten. Die Stärke eines Elektromagneten stellt man über den Strom ein. Lösung: eine stellbare Stromquelle. Der Sollwert wird in meiner Version durch einen Entfernungsmesser von Sharp vorgegeben. Da der Sollwert bereits analog vorliegt, wollte ich die Schaltung zeitsparend ohne Mikrocontroller aufbauen. Wieder habe ich simuliert, diesmal eine geeignete Schaltung mit LTSpice. Herausgekommen ist folgende reine OPV-Schaltung:

OPV_Schaltung

Ein OPV in Schmitt-Trigger-Schaltung steuert mit einem P-Kanal-MOSFET die Induktivität L1 über eine 12 V Versorgungsspannung an. Das langsame Sinussignal V2 simuliert dabei das wechselnde Ausgangssignal des Entfernungsmessers und R8 ist der Messshunt der die Stromstärke rückkoppelt. Die Widerstandswerte müssen nur so angepasst werden, dass sich der gewünschte Strom an der Spule einstellt. Mit der gezeigten Widerstandskonfiguration ist ein maximaler Strom von 1,5 A mit dem Sharp-Sensor möglich. Einen NTC-Widerstand mit einzubinden, der den Strom reduziert, wenn die Schaltung sich zu stark erwärmt, ist möglich, wurde aber von mir wieder verworfen. An die Grenzbereiche des machbaren Stromes bin ich nicht gegangen, die Spule erwärmt sich allerdings schon deutlich auf ca. 45 °C. Was jedoch nicht kritisch ist.

Leider wird mit dieser Schaltung auch der P-MOS recht schnell warm, da er vom OPV nicht so sauber getrieben wird, wie ich es erhofft hatte. Eine weitere Alternative ist eine Stromquelle mit dem MC34063 aufzubauen. Dabei gibt es keine Ausgangslast (Kurzschluss), da nur der Strom durch die Spule interessant ist. Das Problem des MC34063 ist, dass die Sollwertvorgabe über eine interne Referenz von 1,25 V erfolgt. Zum Glück gibt es eine Version des Schaltreglers (z.B. LM78S40) wo alle Komponenten einzeln zugänglich sind und diese selbstständig verbunden werden müssen. Statt der Referenzspannung wird einfach die heruntergeteilte Spannung der Lichtschranke am Comperator angeschlossen und fertig.

Was mir noch fehlte war also das Ferrofluid. Einer der wenigen Hersteller ist die US-Firma FerroTec, die auch eine deutsche Niederlassung besitzt. Warum also die teuren Umwege über Zwischenhändler? Direkt beim Hersteller ordern ist doch viel billiger! Ein kurzes Telefonat ergab: Mindestabnahmemenge 1 Liter. Zum Preis von 230 € brutto. Das ist zwar im Vergleich zu den üblichen Mindermengen ein guter Preis, aber viel zu viel Fluid. Also mein Vorhaben und die Sache mit der Hochzeit erklärt. Die freundlichen Mitarbeiter haben dann eine Ausnahme gemacht, da es noch eine 0,6 Liter Flasche im Lager gab. Diese habe ich in der Erwartung gekauft, dass ich doch noch so viel damit vor habe…

Die ersten Versuche mit dem Fluid waren allerdings schon sehr ernüchternd. Der Elektromagnet hatte eine sehr schwache Wirkung auf das Fluid. Um das Fluid etwas in der Bewegung zu unterstützen habe ich das Glas mit Wasser aufgefüllt. Schon etwas besser! Ein weiteres Problem war, die Scheibe des Glases war sofort vom Ferrofluid dreckig und man konnte kaum noch durchschauen. Die Lösung war etwas Spülmittel im Wasser. Spülmittel löst bekanntlich Fette, das Fluid besteht aus Öl. Das Ergebnis ist eine sauberes Glas, jedoch ein Fluid das eher dazu neigt kleine Tropfen zu bilden, statt im ganzen zu agieren.

Wie eingangs erwähnt, ist es kein kompletter FAIL gewesen, jedoch ist es das Projekt mit dem schlechtesten Preis-/Leistungsverhältnis das ich jemals durchgeführt habe.

Im Vergleich zu den schönen Videos oben, ist meine Variante eher ein Tropfen auf den heißen Stein:

Hier noch ein paar Bilder vom Aufbau:

 

Eine weitere bessere Möglichkeit ist übrigens starke Dauermagneten zu verwenden. Diese können auch interaktiv verwendet werden, wenn sie mit starken Servomotoren bewegt werden. Mein Interesse ist aber erst einmal gesättigt. 😉

Wie aus dem Beitrag hervor geht, sitze ich noch auf einem riesigem „Topf“ Ferrofluid. Wer mindestens 100 ml abnehmen möchte, darf mich gern anschreiben. Ich kann einen guten Preis machen!

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14 Antworten zu Experimente mit Ferrofluid

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  10. yagi schreibt:

    Hast Du noch was von dem Ferrofluid?

  11. Janik schreibt:

    Hallo,
    ist noch Ferrofluid über oder bist du alles los geworden?

  12. Ralf Neffgen schreibt:

    Hallo Sebastian,

    hast Du noch Ferrofluid über?
    Ich würde gerne ca. 400 ml kaufen.

    Grüße
    Ralf

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